Mit Digimon Story: Time Stranger kehrt Bandai Namco zu den Wurzeln der beliebten RPG-Reihe zurück. Das Spiel greift die Mechaniken der erfolgreichen Cyber Sleuth-Titel auf und bringt die Jagd nach, Training von und Entwicklung der digitalen Monster in die moderne Konsolengeneration. Auf den ersten Blick ist alles da, was Fans lieben, komplexe Systeme, spannende Kämpfe und jede Menge Nostalgie. Doch unter der glänzenden Oberfläche lauern Schwächen, die den Spielfluss bremsen.
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Ein vielversprechender Start mit zähem Tempo
Die Geschichte beginnt im heutigen Tokio, wo wir als Mitglied einer Geheimorganisation unerklärliche Anomalien untersuchen. Schon bald begegnen wir den ersten Digimon, die Realität und digitale Welt verschwimmen lassen. Der Einstieg ist atmosphärisch und geheimnisvoll, verliert aber schnell an Dynamik. Die ersten Stunden bestehen größtenteils aus sich wiederholenden Ermittlungsmissionen in immer gleichen Straßen und Tunneln. Die Nebenquests sind meist einfache Botengänge, und die Dialoge bleiben oft oberflächlich. So dauert es, bis die eigentliche Stärke des Spiels, das Kämpfen und Trainieren, wirklich zur Geltung kommt.
Endlich in der Digital World: ein Paradies für Sammler
Sobald man die Digitale Welt betritt, entfaltet Time Stranger sein volles Potenzial. Nach den grauen Straßen Tokios erwartet einen eine farbenprächtige Welt voller schwebender Inseln, exotischer Kreaturen und geheimnisvoller Orte. Hier spürt man das Gefühl von Entdeckung, das die Reihe immer ausgezeichnet hat. Mit über 450 Digimon bietet das Spiel die bislang größte Auswahl der Serie. Klassiker wie Agumon oder Patamon treffen auf seltene Neuzugänge, und das motiviert, jedes Monster zu finden und zu entwickeln.
Das Herzstück bleibt das Digivolutions-System: Jedes Digimon besitzt mehrere Entwicklungswege, die sich durch Statuswerte, Items und Training beeinflussen lassen. So entsteht ein komplexes Netz an Möglichkeiten, das Fans stundenlang fesseln kann. Leider wird dieser Aspekt durch lineares Leveldesign eingeschränkt, Dungeons sind kurz, Gegner spawnen nur durch Backtracking neu, und Grinding ist kaum möglich. Eine prozedural generierte Zone hätte hier die perfekte Lösung geboten.
Taktische Kämpfe mit kleinen Balanceproblemen
Das Kampfsystem bleibt einer der großen Pluspunkte. Es setzt auf klassische, rundenbasierte Gefechte mit Element- und Typenvorteilen. Buffs, Debuffs und Kombos sorgen für taktische Tiefe, und wer Freude an Planung und Strategie hat, wird hier belohnt.
Allerdings schwankt die Balance stark: Normale Gegner sind meist zu leicht, während Bosskämpfe mit extrem hohen Lebenspunkten zur Geduldsprobe werden. Ohne perfekt abgestimmtes Team kann es schnell frustrierend werden oder man senkt den Schwierigkeitsgrad. Hier wäre eine feinere Abstimmung wünschenswert gewesen.
Auf der PlayStation 5 wirkt Time Stranger technisch nicht ganz auf der Höhe. Das Spiel ist auf 30 FPS begrenzt und kämpft in großen Gebieten mit Rucklern. Für ein RPG dieser Größenordnung ist das enttäuschend. Auch die deutsche Übersetzung schwankt in der Qualität: Manche Dialoge wirken leblos, Emotionen gehen verloren. Trotzdem überzeugt die Welt mit ihrem visuellen Stil, die Mischung aus urbaner Moderne und digitalem Surrealismus ist wunderschön umgesetzt und verleiht dem Spiel eine eigene Identität.
Fazit
Digimon Story: Time Stranger ist ein Spiel voller Gegensätze. Seine Systeme für Training, Entwicklung und Teamaufbau sind brillant, genau das, was Fans seit Jahren lieben. Gleichzeitig verhindern lineare Strukturen, ein zu langsamer Beginn und technische Mängel, dass daraus ein echtes Meisterwerk wird. Wer Geduld mitbringt und die Reihe bereits kennt, wird viele Stunden Spaß haben und in den Digivolution-Bäumen versinken. Gelegenheitsspieler oder Neulinge könnten jedoch von Tempo und Struktur abgeschreckt werden. Trotzdem bleibt Time Stranger ein starkes Comeback der Serie und ein Beweis dafür, dass das Herz der Digital World noch immer schlägt.