Freitag, November 14, 2025
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1000xRESIST Test/Review PS5

Selten schafft es ein Spiel, sich so konsequent auf seine Geschichte zu konzentrieren wie 1000xRESIST. Das Werk von Sunset Visitor ist weniger ein klassisches Videospiel als vielmehr ein narratives Erlebnis, das die Grenzen zwischen Visual Novel, interaktivem Drama und Erkundungsspiel verschwimmen lässt. Auf der PlayStation 5 entfaltet sich ein ungewöhnlich intensives Science-Fiction-Szenario, das weniger durch seine Mechaniken, sondern durch seine Erzählkunst fesselt.

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Eine Welt nach dem Ende der Menschheit

Die Handlung von 1000xRESIST beginnt in einer dystopischen Zukunft. Eine Pandemie hat die Menschheit ausgelöscht, und an ihre Stelle ist eine Gesellschaft aus Klonen getreten. Diese künstlich geschaffenen Wesen leben unter der Führung der sogenannten ALLMOTHER, der letzten Überlebenden des alten Zeitalters. Die Nachfahren dieser Frau verehren sie wie eine Göttin, ahnen jedoch nicht, dass ihr ganzes Dasein auf einer Lüge basiert. Die Spielerin oder der Spieler übernimmt die Rolle einer dieser Klonfiguren und taucht tief in die Erinnerungen der ALLMOTHER ein. Diese Erinnerungssequenzen, im Spiel als Communions bezeichnet, führen durch verschiedene Epochen ihres Lebens und offenbaren nach und nach, was wirklich geschah. Dabei entfaltet sich eine Geschichte voller Verrat, Sehnsucht, Identitätssuche und der Frage, was Menschlichkeit eigentlich bedeutet.

Erzählung als Hauptfigur

Im Zentrum steht ganz klar das narrative Erlebnis. 1000xRESIST ist voll von Dialogen, philosophischen Monologen und intimen Gesprächen zwischen den Figuren. Es ist ein Spiel, das sich Zeit nimmt, um seine Welt zu erklären, aber auch, um den Spieler zu überfordern. In den ersten Stunden ist vieles verwirrend: Die Struktur ist fragmentiert, die Perspektiven wechseln abrupt, und Begriffe tauchen auf, bevor man sie versteht. Doch wer sich darauf einlässt, wird mit einer der komplexesten und faszinierendsten Geschichten belohnt, die man derzeit auf der PS5 erleben kann. Die Dialoge sind dabei von erstaunlicher Qualität. Jede Unterhaltung, selbst die optionalen, trägt Bedeutung. Die Sprecherinnen und Sprecher liefern beeindruckende Leistungen, und die Musik wie auch das Sounddesign verstärken die emotionale Tiefe der Szenen. Besonders bemerkenswert ist, wie 1000xRESIST es schafft, selbst alltägliche Gespräche mit existenziellen Fragen zu füllen.

Stil und Atmosphäre

Optisch präsentiert sich das Spiel in einem eigenwilligen, aber ausdrucksstarken Stil. Die Mischung aus kantiger Cel-Shading-Optik, weichen Farbverläufen und minimalistischer Architektur erzeugt eine Atmosphäre, die gleichermaßen fremd und vertraut wirkt. Jede Szene scheint sorgfältig komponiert zu sein, mit Blickwinkeln und Kamerafahrten, die den narrativen Fokus stets betonen. Das Design der Welt spiegelt den inneren Konflikt der Figuren wider, kalt und technisch, aber voller Emotionen, die unter der Oberfläche brodeln. Auch die Musik spielt eine zentrale Rolle. Der Soundtrack wechselt zwischen melancholischen Klängen und bedrohlicher Elektronik, wodurch sich ein ständiges Gefühl von Spannung und Nachdenklichkeit ergibt. So entsteht eine audiovisuelle Erfahrung, die die Grenzen zwischen Film, Spiel und Theater fast vollständig auflöst.

Interaktive Erzählung mit kleinen Stolpersteinen

Spielerisch bleibt 1000xRESIST bewusst zurückhaltend. Zwischen den zahlreichen Gesprächen gibt es Phasen der Erkundung und leichte Plattformpassagen. Die Basis der Klone dient als Hub-Welt, von der aus verschiedene Erinnerungssequenzen betreten werden. Hier zeigt sich jedoch die größte Schwäche des Spiels: Die Orientierung fällt oft schwer. Selbst mit Karte ist es manchmal unklar, wohin man als Nächstes gehen soll. Die Wegführung bleibt vage, was die Erzählung zeitweise ausbremst.

Auch die spielerischen Abschnitte selbst sind eher Mittel zum Zweck. Das Erkunden, Laufen und Springen ist funktional, aber nie herausfordernd oder besonders spannend. Es dient vor allem dazu, die Geschichte in Bewegung zu halten und zwischen emotionalen Höhepunkten kurze Pausen zu schaffen. Wer eine Gameplay-getriebene Erfahrung erwartet, wird hier kaum auf seine Kosten kommen. Doch wer die narrative Struktur versteht, erkennt, dass genau diese Reduktion Teil des Konzepts ist. Alles in 1000xRESIST existiert, um die Geschichte voranzutreiben, nichts ist Selbstzweck.

Eine Erzählung, die nachhallt

Was das Spiel jedoch so besonders macht, ist seine emotionale Wucht. Die Geschichte von ALLMOTHER und ihren Klonen wirft Fragen auf, die lange nach dem Abspann nachhallen. Wie definieren wir Identität, wenn unsere Existenz nur eine Kopie ist? Was bleibt von Menschlichkeit übrig, wenn Erinnerung manipulierbar wird? Diese Themen werden nicht nur angeschnitten, sondern mit bemerkenswerter Tiefe erforscht. Gleichzeitig gelingt es dem Spiel, trotz seiner düsteren Thematik Hoffnung zu vermitteln. In den stillen Momenten zwischen den Klonen, in kurzen Gesten und flüchtigen Blicken, zeigt sich eine Wärme, die dem Spiel seine emotionale Balance verleiht.

Fazit

1000xRESIST ist kein Spiel im klassischen Sinne, sondern eine Erzählung, die man erlebt. Es fordert Geduld, Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, sich auf ein ungewöhnliches Erzähltempo einzulassen. Wer sich jedoch auf diese Form des Storytellings einlässt, wird mit einer der eindrucksvollsten narrativen Erfahrungen der aktuellen Konsolengeneration belohnt. Die exzellente Schreibe, die stilsichere Inszenierung und die durchdachte Thematik machen das Spiel zu einem herausragenden Beispiel dafür, wie Videospiele als Erzählmedium funktionieren können. Es ist kein leicht zugängliches Werk, aber eines, das lange im Gedächtnis bleibt, ein Erlebnis, das mehr fühlt als spielt.

 

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