Mittwoch, Dezember 3, 2025
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S.T.A.L.K.E.R. 2: Heart of Chornobyl Test/Review PS5

S.T.A.L.K.E.R. 2: Heart of Chornobyl beginnt auf eine trostlose Art, die schon in den ersten Minuten klarmacht, dass man sich hier nicht auf ein gewöhnliches postapokalyptisches Abenteuer einlässt. Die Eröffnung wirft dich in eine mondhelle Weite, die eher wie ein Albtraum wirkt als wie ein Ort, den man freiwillig betreten möchte. Der kümmerliche Lichtkegel deiner Taschenlampe taugt kaum als Orientierungshilfe, der Geigerzähler schlägt permanent Alarm und überall lauern zischende Pfützen aus strahlenverseuchtem Schleim. Es dauert nicht lange, bis dich eine Patrouille überfällt, niederschlägt und du schließlich am Boden wieder zu dir kommst, während ein Hund an deinem Bein knabbert. Paradoxerweise ist dieser Moment einer der ersten, in denen das Spiel wirklich heller wird, denn mit dem Tageslicht entfaltet sich die bedrückend schöne Szenerie dieser Welt, die gleichzeitig verrottet und faszinierend wirkt.

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Die etwas andere Endzeit

Wer angesichts gängiger Endzeit-Spiele ein weiteres Fallout erwartet, wird hier eines Besseren belehrt. Statt ironischer 50er-Jahre-Ästhetik regiert hier eine Kargheit, die fast schon poetisch wirkt. Der Entwickler GSC Game World greift nicht auf Kitsch oder Retro-Charme zurück, sondern konzentriert sich auf die rohe, bedrohte Natur einer Region, die auf tragische Weise real geworden ist. Die Zone, ein von Mauern umfriedetes Gebiet rund um das echte Tschernobyl, wirkt wie ein Ort, an dem die Welt zwar nicht vollständig untergegangen, aber in eine Art dämmriges Zwischenstadium versunken ist. Inspiriert durch Tarkovskys Film Stalker und den Roman Picknick am Wegesrand, vermischt mit der realen Katastrophe von 1986, entsteht ein Schauplatz, der gleichzeitig mystisch und historisch verwurzelt ist.

Die Handlung setzt bei Skif an, einem Protagonisten, der von kosmischem Chaos aus dem Schlaf gerissen wird. Sein Haus ist zerstört, Flammen züngeln über die Wände und ein seltsam leuchtendes Artefakt fällt ihm praktisch vor die Füße. Ohne großes Hintergrundwissen bricht er auf, um herauszufinden, ob dieses Ding wertvoll ist und was es überhaupt bedeutet. Dass der Titel sich nicht mit einer epischen Hintergrundgeschichte verzettelt, hat dabei einen positiven Effekt. Wie Skif selbst bekommst du nur häppchenweise Informationen und musst deinen Platz in der Zone erst mühsam herausarbeiten.

Spielerisch wirkt Heart of Chornobyl wie eine Mischung aus Survival-Horror, Shooter und Rollenspiel, ohne sich zu stark auf eines der Genres festzulegen. Die Struktur erinnert an die frühen S.T.A.L.K.E.R.-Teile, die bereits vor Fallout 3 existierten und mit denen das Spiel sich enger verwandt fühlt als mit den berühmten Bethesda-Welten. Obwohl fünfzehn Jahre seit dem letzten Teil vergangen sind, ist das Sequel weniger eine Revolution als eine Fortführung – fast so, als hätte es zwischendurch nie pausiert. Hätte man es 2011 veröffentlicht, würde es sich nahtlos in die Reihe einfügen. Das mag wie Kritik klingen, ist aber eher ein Zeichen dafür, wie einzigartig und unverbraucht die Serie immer noch wirkt.

Im Herzen einfach ein cooles Game

Der besondere Reiz des Spiels liegt in seinem gnadenlosen Spielfluss. Die Zone ist riesig, Fahrzeuge existieren praktisch nicht und Schnellreise wird kaum angeboten. Fast alles verlangt nach körperlicher Fortbewegung, und die Umgebung gibt sich alle Mühe, dir diese zu erschweren. An einem Moment watest du durch einen schlammigen Pfad, im nächsten wirst du von mutierten Hundegruppen überrascht und siehst dich gezwungen, im letzten Moment ein Verbandpäckchen aus dem Rucksack zu reißen, während du dich in eine baufällige Scheune rettest. Schusswechsel fühlen sich roh und improvisiert an. Waffen sind unzuverlässig, Munition ist knapp, Verletzungen bleiben gefährlich und die Zone ist ein ständiger Gegner, auch ohne menschliche Feinde. Dieses Gefühl der dauerhaften Bedrohung macht den Sog des Spiels aus, denn jeder kleine Sieg fühlt sich verdient an.

Vergleiche zum legendären Far Cry 2 drängen sich geradezu auf. Auch dort dominierten Zweifel, Zähigkeit und eine Welt, die sich nicht für den Spieler verbiegt. Heart of Chornobyl schafft diese Atmosphäre des Widerstands ebenfalls, doch hier wirkt sie noch persönlicher. Die langwierige Entwicklungsgeschichte ist untrennbar mit dem Spiel verbunden. Geldprobleme, Schließung, ein Neustart, die russische Invasion in der Ukraine, die Verlagerung des Studios nach Prag: Diese Produktion hat Narben. Der Titel selbst schreibt Chornobyl bewusst in der ukrainischen Schreibweise. Das alles schwingt in der Darstellung der Zone mit, die gleichzeitig schmutzig und wunderschön wirkt. Der Regen prasselt gegen verfallene Silos, die wie geborstene Rippen in den Himmel ragen. Schwebende Betonstücke und unerklärliche Anomalien erzeugen eine Stimmung, die ihresgleichen sucht. Selbst der Wind wird bedrohlich, da er Blätter zu physischen Hindernissen formen kann, die dich in wütende kleine Stürme hineinziehen.

Technik in der Apokalypse

Neben den Gefahren der Umwelt gibt es eine Fülle an Aufgaben, Loyalitäten und Entscheidungen. Klassische Rollenspielmechaniken wie Erfahrungspunkte fehlen, stattdessen wächst dein Fortschritt durch bessere Ausrüstung, Modifikationen und Artefakte, die dir Vorteile bringen, aber oft mit giftigen Nebenwirkungen einhergehen. Die übergeordnete Handlung rund um militärische Intrigen und Skifs Vergangenheit bleibt optional und dient eher als Rahmen für das, was Heart of Chornobyl wirklich ausmacht: ein Gefühl der Entfremdung gegenüber der Welt außerhalb des Zauns und der gleichzeitig magnetischen Anziehungskraft dieser verstrahlten Landschaft.

Technisch holt das Spiel viel aus der Unreal Engine 5 heraus. Die PS5-Version profitiert von Optimierungen, die die früheren Probleme auf Xbox und PC weitgehend beseitigen. Die Soundkulisse arbeitet subtil und erzeugt eine dichte Atmosphäre aus klickenden Messgeräten, verstörenden Windgeräuschen und eindringlichen musikalischen Akzenten. Die Grafik gehört zu den eindrucksvollsten ihrer Art und nutzt das natürliche Grau-Braun der Zone nicht als tristen Einheitsbrei, sondern als lebendige Palette eines Ortes, der zugleich tot und voller Energie wirkt. Am Ende ist S.T.A.L.K.E.R. 2 eines jener Spiele, die nicht allen gefallen werden, aber für bestimmte Spieler eine enorme Wirkung entfalten. Die Zone lässt einen nicht mehr los, wenn man sich einmal auf sie eingelassen hat. Einer der Charaktere im Spiel bringt es auf den Punkt: Die Zone zieht dich nicht hinein, sie lässt dich nicht mehr gehen, weil die Welt außerhalb irgendwann an Faszination verliert.

Fazit

S.T.A.L.K.E.R. 2: Heart of Chornobyl ist kein Spiel für Eilige. Es ist ein forderndes, eigensinniges, manchmal unbequemes Erlebnis, das gerade durch seine Härte und seinen Mut zu radikalem Minimalismus überzeugt. Wer überdrüssig ist von Hochglanz-Open-Worlds, die mehr Füllmaterial als echte Identität besitzen, findet hier ein Spiel, das keine Angst davor hat, anders zu sein. Die Zone lebt, und sie frisst einen auf die bestmögliche Weise.

Gesamtwertung: 8/10 

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